Abtreibungsdebatte :
Kein Gott, nirgends

Daniel Deckers
Ein Kommentar von Daniel Deckers
Lesezeit: 1 Min.
Eine Frau hält einen positiven Schwangerschaftstest in den Händen (Symbolbild)
Die Stellungnahmen von EKD und Diakonie für eine Legalisierung der Abtreibung bis zur 22. Woche sind frei vom Anspruch einer an theologisch-ethische Diskurse anknüpfenden Pragmatik. Nicht einmal das Wort Gott braucht es noch.

Die Erinnerung ist noch wach an die Zeit, als der EKD-Ratsvorsitzende Wolfgang Huber die Stellung der Kirchen in Staat und Gesellschaft auf die Formel brachte, die Kirchen wollten nicht Politik machen, wohl aber Politik möglich machen. Diesem Anspruch haben sich beide Kirchen lange Zeit auf je ihre, mitunter allzu konfessionell-pfadabhängige Weise gestellt. Doch auch in dieser Hinsicht scheint es mit dem christlich geprägten Zeitalter zu Ende zu gehen.

Dass sich die Repräsentanten der verfassten katholischen Kirche über dem Umgang mit sexueller Gewalt als Anwälte des Lebensschutzes selbst diskreditiert haben, ist wohl nicht mehr zu ändern. Die Stellungnahmen von EKD und Diakonie zugunsten einer Legalisierung der Abtreibung bis zur 22. Woche sind dagegen vollkommen frei vom Anspruch einer originären, an religiöse Überzeugungen und theologisch-ethische Diskurse anknüpfenden Pragmatik.

Nicht einmal das Wort Gott braucht es noch. Stattdessen werden die Judikatur des Bundesverfassungsgerichts und die entsprechenden Strafrechtsnormen als Ergebnis einer „unausgesprochenen religiösen Setzung“ delegitimiert. Dass Kirche sich selbst abschafft, muss man ihr zubilligen. Doch sollte sie bedenken, dass sie mit ihren polarisierend-einseitigen Stellungnahmen auch eine auf Ausgleich und Kompromiss angelegte Politik immer schwerer macht.